Selbstverteidigung ist nicht Kampfsport
Ein Fall von vielen
Man kann es gar nicht oft genug sagen: Reale Selbstverteidigung hat nichts mit Kampfsport zu tun. Diese beiden Konzepte zu vermischen, führt regelmäßig zu schweren Schäden.
Nachfolgend mit freundlicher Genehmigung die Kopie der Email eines Klienten. Er ist beruflich im Einzelhandel tätig und hatte gerade seine erste Krav Maga – Trainingseinheit hinter sich. Ich habe den Text im Original belassen. Daher die direkte Wortwahl. Lediglich die Kampfsport-Disziplinen habe ich unkenntlich gemacht, damit niemand sich auf den Langbinder getreten fühlt.
Hier also die Mail:
Hi Chris,
Ich dachte Du als mein neuer Instructor solltest zuerst davon erfahren, was mir passiert ist:
Am Donnerstagabend als ich zu Fuß auf dem Heimweg von der Arbeit war, sah ich wie ein Typ auf offener Straße eine Frau würgte. Er drückte sie gegen eine Hauswand und die Frau war nicht mal mehr in der Lage zu schreien. Es war ein Bild wie in den Geschichten aus der Bildzeitung denn es standen sehr viele Leute in der Nähe und beobachteten alles. Alle waren sehr bemüht nichts zu sehen. Ich schätze es waren bestimmt 8 oder 9 Leute.
Na ja, ich also hin um zu helfen.
Der Typ sah mich wohl aus den Augenwinkeln kommen und als ich so ca. 2 Meter vor ihm war, drehte er sich in meine Richtung und ging ohne zu zögern in einen Angriff über. Er zermatschte mir mein hübsches Gesicht und meine Waden.
Die Polizei meinte nachher, es war ein bekannter Schläger auf Koks, er wurde schon gesucht und kommt wohl aus Berlin, ich hatte allerdings das Gefühl, es waren drei Schläger. Habe das ganze Wochenende mit Kühlakkus, Schmerztabletten und Salben auf dem Sofa verbracht. Kann aber seit heute schon wieder hell und dunkel auf dem linken Auge unterscheiden. Meine rechte Wade ist geschwollen als hätte ich einen Dauerkrampf.
Ich konnte ihm aber auch zwei sehr schöne Tritte verpassen, einen harten Schlag konnte ich auch noch abgeben und als ich am Boden lag habe ich noch einmal sein Knie erwischt. Er ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken und hat ununterbrochen auf mich eingetreten.
Habe mich trotz allem gut geschlagen und dass war für mich eine sehr gut Erfahrung, jetzt weiß ich was du meinst, mit konsequent kämpfen.
Ich habe ja schon fast 10 Jahre K**** und W**** hinter mir aber noch nie so eine echte Situation erlebt. Da war alles ganz anders. Alles, was ich tun wollte, konnte ich gar nicht mehr tun. Ich hatte auch gar keine Zeit, meine Sachen zu machen.
Ich glaube, dass wenn ich konsequenter nach vorn anstatt zurück gegangen wäre, und entschlossener gewesen wäre, den Kampf für mich entschieden hätte. Dadurch dass ich zurückgegangen bin, habe ich Ihn wohl ermutigt weiter anzugreifen. Gut, dass dadurch wenigstens die Frau in Ruhe gelassen wurde. Sie wurde von einem Rettungswagen mitgenommen. Ich weiß nicht, warum es zu dem Angriff kam. Die Polizei kam dann auch hinterher. Da war der Typ aber schon weggelaufen.
Ich habe jedenfalls so richtig die Fresse voll bekommen. Quick, hard and dirty. Aber leider in die falsche Richtung.
Wenn ich wieder fit bin komme ich sofort wieder zum Training. Das will ich nicht nochmal haben.
Gruß Andreas
Derartige Schilderungen höre ich immer wieder gerade von neuen Klienten. Für viele sind erst eigene Gewalterfahrungen der Anlass mit dem Krav Maga – Training zu beginnen. Natürlich lautet mein Tipp: Lasse es nicht so weit kommen. Triff bereits heute eine Entscheidung. Die Entscheidung, niemals ein Opfer zu sein.
Setze dich mit dem lebenswichtigen Thema Selbstverteidigung auf deiner persönlichen Ebene auseinander. Lasse dich diesbezüglich professionell beraten und unterstützen.
Und lasse dir um Himmels Willen nicht Kampfsport oder Kampfkunst als Selbstverteidigung verkaufen.